„Verrückte Idee“ und christliche Botschaft

von | Aug 12, 2022

MUT-Projekt Das Gunzenhäuser Dekanat gewann den Innovationspreis der Landeskirche. Klassensatz mit SUP-Boards steht zur Verfügung.

VON REINHARD KRÜGER

GUNZENHAUSEN – Mit einer „Missionalen-unkonventionellen-Tandem-Aktion“ will die Evangelisch-Lutherische Landeskirche Menschen aller Altersgruppen erreichen. Die klassischen Wege wie Gottesdienst, Taufe, Konfirmation reichen vielen längst nicht mehr, sie sind in völlig anderen Bezügen unterwegs, so die Erkenntnis der Verantwortlichen.

Die etwas kryptisch anmutenden Worte heißen abgekürzt MUT, und gefragt sind genau solche Aktivitäten, die das halten, was die drei Worte bedeuten, sagt Pfarrer Benedikt Wolff. Er hat die Ausschreibung seiner Landeskirche gelesen, war davon begeistert und begann, nach Mitstreitern zu suchen. Im Simon-Marius-Gymnasium fand er einen idealen ersten „Tandem-Partner“. Schulleiterin Susanne Weigel war „hellauf begeistert“ von der „super, super tollen Idee““ und bewilligte die Aktion am Ende des Schuljahres. In Melanie Gerdes-Oeder, Studienrätin für Englisch und Evangelischer Religion, fand er zudem eine kongeniale Mitspielerin. Mit so einer „total verrückten Idee“, so Wolff, „wollen wir auf den christlichen Glauben aufmerksam machen.“ In den Köpfen der beiden begann es zu summen und brummen: Brainstorming, also Gehirnsturm, heißt das Schlagwort. Herausgekommen ist eine Idee, die alles vereint, was gefordert wird. Die Analyse der beiden Kreativköpfe hat folgendes ergeben: Fränkisches Seenland, viel Wasser, Bewegung und Action, Urlauber wie Einheimische, junge wie ältere Menschen, niederschwelliges Angebot. Das alles fasste folgendes zusammen: Genezareth-Boards. Also, raus aus den alten Gemäuern, so der 36-jährige Pfarrer, „und dorthin gehen, wo Menschen sind“.

Da die Gegend um Brombach- und Altmühlsee sich durch Windsurfen, Kiten und Wakeboardpark sich längst einen Namen als Trendsportregion gemacht hat, bot sich das Thema Stand-Up-Paddeln regelrecht an. Ein Klassensatz mit SUP-Boards, welche mit Bibelversen gestaltet sind, soll die Begeisterung für diese kreative Fortbewegung wecken, aber auch zum Gespräch mit neugierigen wie kritischen Zeitgenossen anregen. Mit einem pfiffig gemachten Video-Clip, einem so genannten Pitch, wurde die Idee online vor Ostern eingereicht. Die Jury soll Lust bekommen, in das Projekt zu investieren. Und das tat sie. Die Fachjury unterstützt die Kampagne mit insgesamt 24 600 Euro aus dem MUT-Projekt der Landeskirche. Für den zuständigen und federführenden Kirchenrat Michael Wolf war vor allem „die Leidenschaft seines Amtskollegen Benedikt Wolff“ überzeugend. Ihm nehme man ab, dass er für die Botschaft des Evangeliums brennt und diese auch gerne und originell weitergeben will, begründete er die Entscheidung dieses Gremiums.

Der Pfarrer und die Gymnasiallehrerin gingen ans Werk, und warben knapp 20 Schülerinnen und Schüler von der 8. bis zur 12. Jahrgangsstufe an. Bei einem dreitägigen Workshop wurden die Boards fachgerecht in Szene gesetzt. Mit Carlos Lorente von der Graffiti-Akademie Style-Scouts aus Nürnberg gewann Wolff einen exzellenten Fachmann auf dem Gebiet. „Das ist nichts, was im Vorbeigehen erledigt werden kann“, äußerte sich der 43-jährige lobend über die Aufgabe. Die Jugendlichen entwerfen händisch ihre Vorstellungen, dann werden diese via Beamer und Notebook aufs Board gesprüht. „Ein anspruchsvolles Kunstprojekt mit Hand und Fuß“, urteilt Lorente. Sein Part besteht darin, die jungen Künstler zu befähigen, eigenständig zu arbeiten. Und das taten sie, und zwar freiwillig an drei Tagen. So wie Hans-Ferdinand Strauß (14) aus der 8. Klasse. „Ich will was Neues ausprobieren“, sagt er, der bereits eine Ausbildung als Trainee bei Dekanatsjugendreferentin Franziska Reinhard absolviert hat. Bei Christian Roll (17) aus Wald sieht es ähnlich aus. „Graffiti ist ne coole Idee“, meint der Elftklässler. Er ist aktiv in der örtlichen Evangelischen Landjugend und meint, dass das christliche Gedankengut „auch den jungen Leuten nahegebracht werden soll“. Romy Genahl (15) aus Muhr am See mag sich grundsätzlich gerne kreativ beschäftigen und findet solche Projekte „richtig stark.“ Ihre Englischlehrerin Gerdes-Oeder habe sie direkt angesprochen, erzählt sie freimütig und sie war sofort „Feuer und Flamme.“ Und was steht auf so einem Board? Melanie Gerdes-Oeder zeigt ihr Graffiti: „His angels to guard your ways“ (Seine Engel, um deine Wege zu bewachen). Sie hofft, an einem Wochenende bei einem der Einsätze mit Menschen in Kontakt zu treten, „die so gar nichts mit Kirche und Glauben am Hut haben.“ Die Genezareth-Boards sollen nur als Set verliehen werden, zum Beispiel an Konfirmandengruppen, Jugendgruppen, Ehrenamtliche. Die aufblasbaren Boards sind in einem Kastenanhänger zu den Stränden der Seen problemlos transportierbar, erklärte Wolff die Umsetzung. Auf dem See laufen, wie es einst Jesus tat, können sie nicht, aber stehend das Evangelium verkünden, das hoffen der kreative Pfarrer Benedikt Wolff und sein Team dann doch.

Bild: Bunt und schrill, eine echte Augenweide: die neuen „Genezareth-Boards“ der „MUT-Gruppe“ um Pfarrer Benedikt Wolff. Dieser Blickfang soll Aufmerksamkeit für den christlichen Glauben wecken. (Foto: Reinhard Krüger)

Quelle: Altmühl-Bote Gunzenhausen, Ausgabe 13. August 2022  © Text und Foto: Reinhard Krüger

 

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