Reformationsfest 2022: Gottesdienst in der Stadtkirche
Psalm 46,2-12 |
30.10.2022 |
Reformationsfest |
Gunzenhausen Stadtkirche mit „Old Mill Big Band“ |
Liebe Gemeinde,
mit allen Intrumenten und immer wieder auch mal laut zu musizieren im Gottesdienst – das war den Menschen zu allen Zeiten ein Bedürfnis. Für Gott schwungvoll und rhythmisch Musik zu machen – das gehörte schon zu den beliebten Höhepunkten im Tempel von Jerusalem. Leider ist die Musik nicht überliefert, da gibt es nur Andeutungen. Aber viele Texte sind uns erhalten in den Psalmen. Und immer wieder wurde auch dieser Psalm angestimmt und ist so auf uns gekommen, Psalm 46. Ich habe vorhin bereits einen Teil davon gebetet:
Gott ist unsre Zuflucht und Stärke.
In höchster Not steht er uns bei.
Darum fürchten wir uns nicht,
wenn die Fundamente der Erde schwanken
und die Berge mitten im Meer wanken.
Sollen die Wellen doch toben und schäumen
und die Berge vor seiner Majestät beben!
Der Herr der himmlischen Heere ist mit uns.
Der Gott Jakobs ist für uns eine feste Burg.
Frisches Wasser strömt durch die Kanäle
zur Freude der Menschen in Gottes Stadt.
Dort hat der Höchste seine heilige Wohnung.
Gott ist mitten drin, darum wird sie nicht wanken.
Gott wird ihr helfen, wenn der Morgen anbricht!
Völker toben, Königreiche wanken!
Lässt Gott seine Donnerstimme erschallen,
schwanken sogar die Fundamente der Erde:
Der Herr der himmlischen Heere ist mit uns.
Der Gott Jakobs ist für uns eine feste Burg.
Wer hätte das gedacht, dass sich in Deutschland wieder Menschen für Bunker interessieren? Nicht nur als Museum, wie hier in Gunzenhausen der Krankenhaus-Bunker unter dem Berufsschulzentrum. Wie mittelalterliche Burgen, die man gerne auf einem Ausflug besucht, aber nicht daran denkt, dass man sie jemals ernsthaft brauchen könnte. Bei Bunkern hat sich das im Frühjahr geändert: Eine Berliner Firma – so habe ich gelesen – bietet Schutzraumsysteme an, sprich: Bunker für der Provatbedarf. Sie kann sich zur Zeit vor Anfragen kaum retten. Ein Unternehmenssprecher erklärt: Viele Menschen haben derzeit einfach Angst! Sicherheit hinter dicken Mauern! Beton gegen die Angst! Ist es das? In unserem Psalm klingt es anders, er singt dagegen an, ein Lied gegen die Angst! Unerschütterlich klingt das hier: Und wenn die Fundamente der Erde schwanken und wenn die Berge mitten im Meer wanken – wir fürchten uns nicht, Für heute übersetzt: Und wenn ein Krieg alle unsere Gewohnheiten durcheinander bringt, und alle Sicherheiten wackeln, wenn die Diktatoren die Oberhand zu gewinnen scheinen, wenn die ganze Weltordnung der letzten Jahrzehnte zusammenbricht, wenn sogar mit Atombomben gedroht wird – wir fürchten uns nicht! Kann man das so sagen? Können wir so singen?
Martin Luther singt „Ein feste Burg ist unser Gott“ und geht in seiner berühmten Nachdichtung dieses Liedes sogar noch einen Schritt weiter. Er sieht hinter all den Angstmachern seiner Zeit noch eine ganz andere Macht, sieht hier dämonische Mächte am Werk: Und wenn die Welt voll Teufel wär und wollt uns gar verschlingen! Der alt böse Feind, mit Ernst er’s jetzt meint, groß Macht und viel List sein grausam Rüstung ist. Läuft uns da nicht ein kalter Schauer den Rücken hinunter, müssten wir da nicht zittern vor Angst? Luther dagegen dichtet: So fürchten wir uns nicht so sehr – also ein bisschen doch, aber – es soll uns doch gelingen! Können wir da mitsingen?Der Psalmdichter möchte uns sagen: Doch! Ihr dürft mitsingen! Nicht weil ihr mit euren Kräften und Waffen gegen das alles ankommen würdet. Aber schaut doch: Da ist eine Fluchtburg! Da ist für euch ein Bunker, sicherer als der atombombensichere hier in Gunzenhausen. Der braucht gar keine dicken Betonmauern. Schaut nur: Der Gott Jakobs ist für uns eine feste Burg. Gott ist unsre Zuflucht und Stärke. In höchster Not steht er uns bei. Gott, der dem Jakob so wunderbar geholfen hat. Gott, der sein Volk immer wieder aus höchster Not gerettet hat. Gott, der diese ganze Welt erschaffen hat. Gott ist da, eine feste Burg.
Ja, schaut nicht nur, sondern tut auch was, tut jetzt das Richtige! Wenn damals der Feind anrückte, dann nutzte es den Bauern draußen auf dem Feld nicht viel, wenn sie nur wussten: Da oben auf dem steilen Berg ist unsere Fluchtburg mit den dicken Mauern und den Vorräten gegen jede Belagerung. Sie mussten schon auch loslaufen, sich in Sicherheit bringen, sich dort oben bergen. Gott ist unsre Zuflucht und Stärke – also darum: Nichts wie hin zu ihm! Wenn ihr heute mitsingen wollt gegen die Angst: Kommt zurück zu ihm! Bergt euch bei ihm! Sucht Kontakt mit ihm im Gebet!
Gott ist mitten drin, darum wird sie nicht wanken. Hier wird das Bild noch einmal umgedreht: Es geht nicht nur darum, zu Gott hinzufliehen. Sondern entscheidend ist, dass Gott selber in dieser Stadt drin ist, in deiner Stadt. Darauf kommt es an in unserer Angst: Dass Gott mitten drin ist in uns, in unserem Leben. Also nicht nur: Hin zu ihm! Sondern auch: Ich öffne ihm die Türen, sage: Gott, komm doch rein zu mir! Ich brauch dich so!
Old Mill Big Band – Summertime
Es gibt noch eine weitere Strophe in diesem Lied, die ist auch noch spannend:
Kommt und schaut die Taten des Herrn!
Er versetzt die Erde in Furcht und Schrecken.
Auf der ganzen Welt macht er den Kriegen ein Ende.
Den Bogen zerbricht er, den Speer zerschlägt er
und Streitwagen verbrennt er mit Feuer.
Hört auf zu kämpfen und erkennt: Ich bin Gott!
Ich stehe über den Völkern, ich stehe über der Welt.
Der Herr der himmlischen Heere ist mit uns.
Der Gott Jakobs ist für uns eine feste Burg.
In diesen Zeilen weitet sich der Blick: Es geht nicht mehr nur um einen Krieg, eine Bedrohung, wie das die Israeliten damals häufig erlebt haben, wie es in der ganzen Weltgeschichte seither ja immer wieder die verschiedensten Kriege und Nöte und Katastrophen gab. Mit einem Mal blickt der Dichter darüber hinaus und er sieht Hoffnung für diese geschundene Erde, die schon so viel Blut trinken musste.
Er sieht, wie Gott eingreift und das ganze Kriegsmaterial zerstört, die Bogen, die Speere, die Streitwagen, und auch die Maschinengewehre und Panzer und Raketen und Kampfflugzeuge und was sich die Menschen noch ausgedacht haben, um sich zu verteidigen und die anderen anzugreifen. Zuletzt geht es ja immer darum, den Gegner aufzuhalten, auszuschalten, zu töten. Und jetzt heißt es von Gott: Den Bogen zerbricht er, den Speer zerschlägt er und Streitwagen verbrennt er mit Feuer. Auf der ganzen Welt macht er den Kriegen ein Ende. Das dürfen wir sehen, das dürfen wir erwarten: Am Ende der Welt steht nicht die atomare Zerstörung und der totale Untergang unseres Planeten. Nein, am Ende spricht Gott selber ein Machtwort: Hört auf zu kämpfen und erkennt: Ich bin Gott! Ich stehe über den Völkern, ich stehe über der Welt. Ein tröstliches Bild! Und wir beten darum, dass unser Gott genau so eingreift, dass er auch heute den Mächtigen ins Herz und in den Verstand spricht: Hört doch auf zu kämpfen! Ihr müsst euch doch sowieso vor mir beugen und verantworten. Macht doch Frieden, bevor ich euch eure Waffen alle kaputtmachen muss! Wir beten es ja täglich: Vater unser im Himmel, dein Reich komme! Ein Lied gegen die Angst, ein Lied der Hoffnung! Vielleicht sagt jetzt einer: Natürlich, ein wunderschönes Lied! Aber ist es auch mehr als ein Lied? Mehr als ein schöner Traum? Hier müssen wir nun doch noch einmal zurück zu Martin Luther. Er erinnert uns daran: Gott hat doch schon eingegriffen, hat schon angefangen, alles zu verändern: Mit unsrer Macht ist nichts getan, wir sind gar bald verloren. Es streit für uns der rechte Mann, den Gott selbst hat erkoren. Fragst du, wer der ist? Er heißt Jesus Christ, der Herr Zebaoth, und ist kein andrer Gott, das Feld muss er behalten. In diesem Jesus hat Gott schon seine Macht gezeigt, nicht nur in den Wundern, sondern in der größten Tat der Weltgeschichte: Als er ihn von den Toten aufweckte und so die Herrschaft des Bösen und des Todes für immer brach. Er wird das letzte Wort behalten. Ihr könnt also schon aufhören zu kämpfen, denn der Sieger steht schon fest.
Gott ist unsre Zuflucht und Stärke.
In höchster Not steht er uns bei.
Darum fürchten wir uns nicht,
wenn die Fundamente der Erde schwanken
und die Berge mitten im Meer wanken.
Amen.
Old Mill-Big-Band