Buß und Bettag
Vor einigen Jahren gestalteten Schülerinnen der Realschule Hensoltshöhe Kreuze für ihre Klassenzimmer. Dabei verarbeiteten sie ganz unterschiedliche Materialien. Eine Klasse gestaltete das abgedruckte Kreuz. Seitdem hängt es in einem der Klassenzimmer. Ein Kreuz aus Scherben und Bruchstücken! Oder – je nach Perspektive – Scherben und Bruchstücke, die durch das Kreuz zusammengehalten werden. Dieses Kreuz zeigt für mich, wofür der Buß- und Bettag steht. Bruchstücke, die gehalten und geformt werden durch den, der am Kreuz starb: Jesus Christus.
Woran denken Sie, wenn Sie im Kalender lesen: Buß- und Bettag? Welche Assoziationen wecken die Worte „Buße“ und „büßen“ bei Ihnen?
Der Buß- und Bettag ist vermutlich der christliche Feiertag, der am häufigsten missverstanden wird. Denn – wer büßt schon gerne? Büßen weckt Widerstand in uns und macht uns zu schaffen. Vielleicht, weil wir uns an Zeiten in unserem Leben erinnern, in denen wir für etwas büßen mussten. Oder weil wir gerne büßen würden, wenn wir dadurch etwas ungeschehen machen könnten. So gesehen, konfrontiert uns der Buß- und Bettag mit unserem Leben – mit all seinen Scherben und Brüchen.
Dabei sind Brüche und Scherben nicht harmlos. Wir können uns an ihnen verletzen. Sie hinterlassen Wunden und Narben. Das gilt auch im übertragenen Sinne für unser Leben. Brüche und Scherben verhindern, dass unser Leben gelingt. Unrecht, das wir selbst erlitten oder begangen haben, zerstört unsere Beziehungen zu anderen und zu Gott. Die Bibel nennt das Sünde, die unser Leben zerstört. In diesem Sinne ist das Scherbenkreuz ein Sinnbild für Zerstörung und Tod.
Jedoch ist das Kreuz auch ein Zeichen der Hoffnung. Unser Leben ist nun einmal wie es ist; mit seinen Scherben und Brüchen. Doch entscheidend ist die Frage: Müssen wir für unser Leben, für unsere Scherben und Bruchstücke büßen? Lässt Gott uns für das, was wir sind und getan haben, büßen?
Die gute Nachricht dieses Tages: Nein. Gott hält vielmehr unsere Scherben aus. Er nimmt sie mit an das Kreuz, an dem sein Sohn Jesus Christus hing und starb, damit sie uns, unsere Beziehungen zu ihm und zu anderen nicht länger zerstören. Denn Gott will nicht ohne uns sein. Jeder Mensch ist ihm unendlich wertvoll und wichtig! Deshalb lässt er uns nicht büßen, sondern lädt uns zur Buße ein.
„Buße tun“ bedeutet: Ich justiere mich neu, indem ich wegschaue von mir selbst, von den Scherben und Brüchen meines Lebens und auf Jesus Christus sehe. Ich richte mein Leben auf den aus, der mich so sehr liebt, dass er sein Leben für mich gab. Jesus hält mich mit den Brüchen und Scherben meines Lebens aus. Ihm kann ich mich an vertrauen. Mit ihm kann ich reden – beten. Er vergibt – gratis, ohne Gegenleistung. Von Jesus geliebt und gehalten, gewinnt mein Leben eine neue Perspektive. Ich kann zu den Brüchen meines Lebens stehen, denn sie verletzen und zerstören mein Leben nicht länger.
Das Scherbenkreuz ist für mich so ein Symbol der Hoffnung.
Ich wünsche Ihnen einen frohen, Zuversicht weckenden Buß- und Bettag.
Pfr. Markus Steinhilber (Geistliches Zentrum Hensoltshöhe)