Vater, vergib! – Gedanken zum Buß- und Bettag
Wenn man im Internet nach dem Sinn und der Bedeutung des Buß- und Bettages sucht, findet man folgende Antwort: Der Buß- und Bettag ist für evangelische Christinnen und Christen ein Tag der Besinnung. Sie denken nach über eigene Fehler und über das, was in der Kirche und Politik schiefläuft. Der protestantische Feiertag wurde 1532 in Straßburg offiziell eingeführt.
Tatsächlich gibt es noch viele in unserem Land, die den Buß- und Bettag ganz bewusst als Tag der inneren Einkehr begehen. Viele jedoch müssen auf die Arbeit und können frühestens am Abend einen Gottesdienst besuchen oder zu Hause eine Andacht halten.
Mit fällt zum Buß- und Bettag die biblische Geschichte vom barmherzigen Vater ein. Im Lukasevangelium erzählt Jesus von einem jungen Mann, der eines Tages zu seinem Vater sagt: „Gib mir, Vater, den Teil der Güter, das mir gehört.“ Der Vater ist nicht gerade begeistert über diesen Entschluss, aber er gibt ihm dennoch das Erbe, das ihm zusteht. Der Sohn zieht von dannen und genießt nun sein Leben. Bald hat er sein ganzes Vermögen verprasst und muss arbeiten gehen. In seiner Not hütet er für einen Bürger des Landes die Schweine. Da kommt er ins Nachdenken: „Wie viele Tagelöhner hat mein Vater, die mehr als genug zu essen haben.“ Und er fasst den Entschluss, zu seinem Vater zurückzukehren. Genau diese innere Umkehr des Sohnes wird seit den Ursprüngen der Kirche gerne als Musterbeispiel einer „Buße“ genannt. Der Sohn steht tatsächlich auf und geht zurück zu seinem Vater. Er hat große Sorge, ob ihn sein Vater wieder in seinem Haus aufnimmt. Doch als ihn dieser sieht, umarmt er ihn voll Freude, ruft seine Knechte herbei und befiehlt ihnen, ein Festessen vorzubereiten. Soweit die Geschichte. Jesus wollte damit sagen: So gütig und barmherzig wie der Vater in der Erzählung ist Gott unser himmlischer Vater. Wir können uns noch so weit von ihm entfernen und noch so sehr in Schuld verstrickt sein, zeit unseres Lebens haben wir immer die Möglichkeit zu Gott umzukehren. Er steht mit offenen Armen da und freut sich über jeden, der zu ihm kommt.
Der bekannte Maler Rembrandt hat ein wunderbares Bild zur biblischen Erzählung geschaffen.
Er bringt darin die bedingungslos liebende Zuwendung des Vaters gegenüber seinem Sohn zum Ausdruck. Die Hände des Vaters liegen segnend auf den Schultern des Sohnes, der vor ihm kniet. Sein Gesicht strahlt Güte und Vergebungsbereitschaft aus.
Im Vaterunser beten wir „Und vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unseren Schuldigern.“ Das ist schnell gesagt, doch wie schwer tun wir uns oft, anderen Menschen zu verzeihen, die uns geärgert oder verletzt haben. Typisch menschlich ist der Wunsch nach Rache und Vergeltung. Jesus zeigt uns einen gangbaren Weg, den Kreislauf der Vergeltung zu durchbrechen und den Hass zu überwinden. Er fordert uns in der Bergpredigt sogar auf, unsere Feinde zu lieben. Das ist sehr schwer, jedoch nicht unmöglich. Sowohl im Kleinen als auch im Großen muss der Weg der Versöhnung und des Friedens gegangen werden, damit das Zusammenleben gelingt.
Pfr. Daniel Kelber, Stetten und Wald
Bildquelle: wikimedia.commons, gemeinfreie Werke: Rembrandt: Die verlorenen Söhne